Wir haben ein Interview mit Jens Ripke-Desaules geführt. Er ist Leiter der Kinderfiktion beim ZDF und arbeitete bei dem Film Einfach ungerecht als Redakteur mit. Er hat während des Studiums beim NDR als Aushilfe gearbeitet und dann ein Praktikum beim ZDF gemacht. Zu seinen Aufgaben gehört, sich Themen zu überlegen, die Kinder interessieren. Dazu muss er wissen, was Kinder in einem bestimmten Alter beschäftigt und was sie verstehen können. Am meisten Spaß macht es ihm, mit anderen Menschen schöne Geschichten zu entwickeln, die spannend, lustig oder vielleicht auch manchmal traurig sind und ans Herz gehen. Kreativ zu sein und etwas zu gestalten, das findet er schön an seinem Beruf. Er war schon an so vielen Filmen beteiligt, dass er gar nicht mehr sagen kann, wie viele es
genau waren. Vorher war er viele Jahre für das Kinder-Wissensmagazin PUR+ mitverantwortlich.
Und jetzt geht es mit unserem Interview weiter. Viel Spaß!
JUMA-Redaktion: Beschreiben Sie den Film mit drei Worten.
Jens: Der Film Einfach ungerecht in drei Worten? Oh, das ist schwer. Das ist eine Freundschaftsgeschichte, es geht um Armut und um Zusammenhalt.
JUMA-Redaktion: Warum glauben Sie, dass es diesen Film braucht?
Jens:
Ich glaube, diesen Film braucht es deshalb, weil es viele Kinder in Deutschland gibt, die in einer schwierigen Situation leben, die nicht viel Geld haben und die nicht am Leben so teilhaben können – weil sie nicht ins Kino gehen können, nicht ins Schwimmbad gehen können, weil sie nicht in den Sportverein gehen können. Und das ist immer sehr mit Scham behaftet. Das heißt, dass es den Kindern oft peinlich ist und sie versuchen, das zu verheimlichen. Wir glauben, dass so ein Film im Fernsehen helfen kann, dass Kinder, die von Armut betroffen sind, vielleicht mutig sind und darüber reden. Auf der anderen Seite wollten wir, dass Kinder, die davon nicht betroffen sind, davon erfahren und Mitgefühl haben und verstehen können, wie es Kindern geht, denen es nicht so gut geht – die nicht das gleiche Geld haben, die keine Markenkleidung haben, die vielleicht auch nicht immer so viel Essen zu Hause haben oder sich einfach mal kein Eis leisten können. Und dass es darum geht, mehr Verständnis füreinander zu haben. Und dass Menschen oder Kinder oder auch Schulklassen zu diesem Thema mithilfe dieses Films ins Gespräch kommen und sich darüber austauschen.
JUMA-Redaktion: Was hat Sie auf die Idee gebracht, diesen Film zu drehen?
Jens:
Es gibt immer wieder Nachrichten über Armut in Deutschland und über die schwierige Situation. Insofern hatten wir vor einiger Zeit gesagt: Das Thema Armut ist nicht neu, aber es ist immer noch wichtig und es wird nicht weniger. Deshalb müssen wir einen Film dazu machen. Und wir haben so einen Film bislang noch nicht gemacht. Das war dann der Grund zu sagen: Wir machen noch mal einen Schwerpunkt im Kinderkanal und einen Film dazu, weil wir das Thema einfach wichtig finden.
JUMA-Redaktion: Was sollen Kinder aus dem Film lernen?
Jens:
Ich hoffe, dass Kinder, die den Film angucken – Jungs und Mädchen –, lernen, dass es nicht die Schuld der Kinder ist, wenn die Eltern wenig Geld haben. Dass das nichts mit dem Charakter zu tun hat und dass man trotzdem befreundet sein kann. Und dass Freundschaft hilft und wichtig ist für alle. Auch dass man solidarisch ist, also dass man ein bisschen zusammenhält, auch in einer Klasse, und andere Kinder nicht mobbt, nur weil sie zu Hause vielleicht nichts Warmes zu essen haben. Wir haben gesagt, wir wollen eine Geschichte entwickeln, die soll Spaß machen beim Zugucken und soll einen auch ein bisschen auf die Reise der verschiedenen Welten mitnehmen.
JUMA-Redaktion: Wer ist die Zielgruppe des Films?
Jens:
Die Zielgruppe sind Kinder ab neun Jahren bis zwölf. So ungefähr. Aber natürlich können auch gerne Eltern und Großeltern und auch Lehrerinnen und Lehrer den Film gucken.
JUMA-Redaktion: Was hat Ihnen bei der Erstellung von Einfach ungerecht Spaß gemacht?
Jens:
Spaß gemacht hat mir persönlich die Arbeit am Drehbuch. Als wir eine Idee hatten, wie man die Geschichte erzählen kann, und wir zusammen mit der Autorin zusammengesessen haben und überlegt haben, in welche Richtung die Geschichte gehen soll. Mir hat das sehr viel Spaß gemacht zu gucken, welche prominente Person wir als Schauspielerin gewinnen können. Wir haben ja die Darstellerin der Sozialarbeiterin in einer Jugendhaus. Das war die Nura. Das ist eine ganz bekannte Rapperin, die
sich sehr für Kinder einsetzt und die Kinder auch ganz toll finden. Und das, was ich richtig, richtig toll fand und worüber ich mich sehr gefreut habe, war, dass sie selber über ihre eigene Kindheit gesprochen
hat, weil sie selbst auch in schwierigen, ärmlichen Verhältnissen groß geworden ist und auch eine Mutter hatte, die im Krankenhaus gearbeitet hat. Sie hatte sich aber nicht getraut zu sagen, dass die Mama keine Krankenpflegerin oder Ärztin war, sondern als Reinigungskraft gearbeitet hat. Sie hat es mit ihrer Geschichte geschafft eine prominente Musikerin zu werden. Dass sie sich jetzt hinstellt und sagt: ‚Leute, ja, jeder kann was und jeder hat den gleichen Wert.‘ Es hat mich sehr gefreut, dass wir sie für das Projekt gewinnen konnten.
JUMA-Redaktion: Was ist denn Ihre Lieblingsszene?
Jens:
Meine Lieblingsszene ist eigentlich die, wo rauskommt, dass Luca geklaut hat und die Mama ihn zur Rede stellt und es dann wirklich zum großen Streit kommt und es endlich zur Sprache kommt, dass sie
miteinander reden – und dass das Thema ‚Du bist ja nie da. Mit wem soll ich reden? Du fehlst mir.‘ – dass das endlich mal ausbricht und dann sich die Geschichte entwickeln kann. Das finde ich mit am spannendsten.
JUMA-Redaktion: Wer ist denn Ihr Lieblingscharakter?
Jens:
In dem Film ist mein Lieblingscharakter die Nura, die Sozialarbeiterin, weil die finde ich einfach cool. Sie hört den Kindern zu. Sie ist für sie da. Sie nimmt sie ernst. Sie nimmt sich Zeit. Sie ist aber auch
ehrlich mit den Kindern und sagt ganz klar, was möglich ist und was nicht möglich ist. Sie spielt ihnen nichts vor. Das finde ich einfach klasse. Sie begegnet den Kindern richtig ehrlich. Man merkt, dass sie
Kinder mag. Das finde ich toll.
JUMA-Redaktion: Wieso kann Erik Luca nicht verstehen?
Jens:
Der Satz ‚Du kannst mich nicht verstehen‘ kommt daher, dass Luca meint, Erik kommt aus einem ganz anderen Elternhaus, hat viel Geld und keine Sorgen. Er hat einfach immer einen vollen Kühlschrank, die tollste Playstation, die teuersten Klamotten. Deshalb glaubt Luca, dass Erik gar nicht nachvollziehen kann, wie es ist, wenn man all das nicht hat – wenn man sich mit seiner kleinen Schwester ein Zimmer teilen muss, keinen eigenen Schreibtisch hat und sich ständig um den Haushalt kümmern muss. Luca denkt einfach, dass Erik ihn deswegen nicht verstehen kann. Und dann kommt es zum Streit zwischen den beiden, weil Luca denkt – oder besser gesagt: glaubt –, dass man mit Geld immer alles machen kann.
JUMA-Redaktion: Was glauben Sie, wie es mit Luca weitergehen wird? Wird Luca auf die nächste Klassenfahrt mitdürfen?
Jens: Was glaubt ihr denn, wie es weitergeht? Das würde mich interessieren.
JUMA-Redaktion:
Also ich denke, er wird mit auf die nächste Klassenfahrt kommen, da am Ende die Lehrerin – oder Erik, ich weiß nicht, wer das war – aber irgendjemand hat ihm den Tipp mit der Hilfe für die ärmlichen Familien gegeben und dass er deshalb auf die Klassenfahrt mitkann.
Jens:
Das denke ich auch, weil es mittlerweile Hilfen für Kinder gibt, die aus ärmeren Verhältnissen und Familien kommen. Es gibt Möglichkeiten, dass man Geld für eine Klassenfahrt beantragen kann, sodass das Geld kein Hinderungsgrund ist. Und in diesem Fall war es so, dass die Lehrerin – das war eine junge, neue Lehrerin – die den Luca gar nicht richtig kannte, die auch gar nicht wusste, dass der Papa nicht da wohnt, sie war ein bisschen überfordert und hat gelernt: ‚Okay, ich muss da ein bisschen mehr aufpassen.‘ Darf ich euch fragen, wie euch das Ende gefallen hat, dass er nicht mit auf die Klassenfahrt gefahren ist?
JUMA-Redaktion Kind 1:
Ich fand es eigentlich toll, weil das hat ihn sympathischer wirken lassen. So ‚Wenn mein Freund nicht mitfährt, dann fahre ich auch nicht mit.‘ Also, dass die Freundschaft ihm wirklich wichtig ist.
JUMA-Redaktion Kind 2:
Eigentlich hätte ich es halt besser gefunden, wenn beide mit auf die Klassenfahrt gehen könnten. Weil Luca verpasst einiges. Auf einer Klassenfahrt kann man sehr viel Spaß haben. Und das ist dann halt das
Blöde für Luca. Aber das Erik nicht auf Klassenfahrt mitgeht, das finde ich sehr toll von Erik, weil so signalisiert er: ‚Mir sind deine Gefühle nicht egal. Ich mag dich, du bist mein bester Freund. Deshalb bleibe ich und mache mit dir Unterricht, obwohl ich eigentlich Spaß haben könnte.‘
Jens:
Ja, das war auch genau der Grund, warum wir uns dafür entschieden haben, den Film so enden zu lassen. Weil das ein ganz starkes Zeichen für die Freundschaft ist. Und weil wir dachten, na ja, vielleicht wäre es auch zu kitschig, wenn das jetzt so ein ganz großes Happy End wird.
JUMA-Redaktion: Werden Melli und Luca wieder Freunde?
Jens:
Ja, das ist so ein bisschen offen – so ganz klar wird es nicht. Melli kommt ja am Ende noch mal an den Bus und sagt ihm, dass sie das Geschenk schön findet. Und ich glaube, das ist ein Zeichen dafür, dass sie doch weiterhin befreundet sein werden. Sie kennen sich ja schon lange. Und dass sie ihm auch den Fehler verzeiht.
JUMA-Redaktion: Finden Sie es okay, wenn man in Notsituationen klaut?
Jens: Findet ihr das okay, wenn man in so einer Situation klaut? Glaubt ihr, dass er das richtig geplant hat?
JUMA-Redaktion:
Also ich glaube, das kam spontan, als er da die Playstation auf dem Stuhl gesehen hat. Dann dachte er so: ‚Ah, jetzt muss ich googlen, wie viel Geld kostet denn eine gebrauchte Playstation?‘ Und dann hat er
gesehen: 240 Euro. Und dann war das ein Signal: ‚Ich muss sie jetzt klauen, damit ich mit auf die Klassenfahrt kann. Ich muss das jetzt tun. Ich werde Melli das Geld irgendwann zurückgeben. Aber ich muss das jetzt sofort tun.‘
Jens:
Ja, genau. Und um eure Frage zu beantworten: Es ist natürlich nicht okay, dass man klaut. Und gleichzeitig, so wie ihr auch selber beschreibt, ist man manchmal in einer Situation, in der man spontan
reagiert und einfach etwas tut, wo man weiß, dass es nicht richtig ist. Und dann bereut man es und möchte es wieder gut machen. Und das ist einfach auch menschlich, dass man Fehler macht, weil man in einer schwierigen Situation ist. Das wollten wir auch mit dieser Szene zeigen. Es ist natürlich ein bisschen spannend zu machen: Kommt das raus, kommt es nicht raus? Wie reagieren die anderen? Aber letztlich ist natürlich klar: Im echten Leben ist es nicht in Ordnung zu klauen– auch wenn so
was passieren kann.
JUMA-Redaktion:
Man sieht ja auch, dass es Luca total leidtut. Am Ende, wenn er mit dem Fahrrad nach Hause fährt, dann hat er auch so Tränen an der Wange, weil er es ja eigentlich nicht machen will, aber er es machen muss, damit er mit auf Klassenfahrt kann.
Jens:
Ja, er lebt in einer ganz schwierigen Situation. Er möchte kein Mitleid von seinen Mitschülern haben, sondern er möchte einfach nur dazugehören. Und das ist das große Ziel, was er hat. Er möchte einfach
nur ein ganz normaler Junge sein, der ganz normal dazugehört. Und deshalb ist er so verzweifelt, dass er dann die Playstation klaut.
JUMA-Redaktion: Wird es einen zweiten Teil geben?
Jens: Wir haben keinen zweiten Teil geplant im Moment. Nein. Würdet ihr euch einen zweiten Teil wünschen?
JUMA-Redaktion: Ja. Wäre schon interessant, wie es weitergehen würde.
Jens: Okay. Das nehme ich mal mit. Ich werde das mal den Kollegen vorschlagen.
JUMA-Redaktion: Darf ich zum Schluss eine Spaßfrage stellen? Wie heißen die Mainzelmännchen?
Jens:
Wie die Mainzelmännchen heißen? Anton, Berti, Conny, Detlef, Fritzchen und Edi. Die haben alle einen Vornamen. Es sind genau sechs, und es gibt kein Mädchen. Aber es gab mal eine Animationsserie dazu. Da gab es auch Mainzelmädchen, aber nicht mehr jetzt im Werbefernsehen. Die
Mainzelmännchen sind das Maskottchen des Werbefernsehens bei uns.
JUMA-Redaktion: Danke für die Zeit. Also, wir haben keine Fragen mehr. Es war sehr schön.
Jens:
Ja, danke euch. Sehr, sehr gerne, ich fand das super. Toll, dass ihr euch den Film so ganz genau angeguckt habt und auch so viele Fragen dazu habt. Könnt ihr gerne mal wieder machen.
Wir bedanken uns für das Interview und wünschen euch viel Spaß bei dem Film!

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Hallo, ich heiße Nevio und lebe in Bischofsheim. Mein Ziel ist einfach sehr viel Spaß zu haben. Juma bedeutet für mich neue Sachen auszuprobieren. Ich bin bei Juma, weil ich Erfahrung sammeln möchte und sehr viel Spaß mit neuen Menschen haben möchte.
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