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Für ein besseres YouTube

Ein Kommentar

Clickbait wird oft als eine hinterhältige Taktik dargestellt, die achtlose Zuschauer*innen dazu manipuliert, drauf zu klicken. Aber wir sind im Jahr 2024: Mit der Ausnahme von Senior*innen, kennen wir alle das Internet mittlerweile lange genug, um Clickbait zu erkennen. Trotzdem bleibt es bestehen, weil Leute immer noch damit interagieren. Jede*r beschwert sich über aufmerksamkeitsgeile Thumbnails, doch niemand scheint aufzuhören, auf sie zu klicken. 

Clickbait war in den frühen Zeiten der Meinungsbloggerszene einer der größten Kritikpunkte. Unter anderem können sensationelle Thumbnails zur unnötigen Panik, der Verbreitung von Falschinformation oder der Untergrabung von seriösen Medien führen. Vor allem wenn ihre Zielgruppen in der Regel keine Medienkompetenzen haben, seien es die zuvor genannten Senior*innen, Kleinkinder oder Menschen, die den kritischen Umgang mit Medien in ihrer Schulzeit nicht gelernt haben. Es ist fies, das Vertrauen von seinen Zuschauer*innen und die Naivität von Kindern auszunutzen.

Es gibt eine ganze Szene auf YouTube, die aber genau deswegen eine junge Zielgruppe ansprechen will. Denn dann sind sie auch erfolgreich, wenn sie wenig Arbeit in ihre Videos stecken, da ihre jungen Fans noch keinen hohen Qualitätsanspruch entwickelt haben. Diese Szene nannte man während meiner Jugend noch Assi-YouTube. Wegen den Parallelen zum Assi-TV, wie zum Beispiel der schlecht erzählten Geschichten mit flachen Figuren. In beiden Fällen mussten sich die Involvierten keine Mühe geben.

Aber bei neu aufkommenden Meinungsblogger*innen, finde ich, dass Kommentare über das Alter von Zielgruppen sehr oft unangebracht formuliert werden. Nicht nur bezeichnen sie meist andere Menschen als stupide wegen der Youtuber*innen, die sie schauen, sondern auch ihr Tonfall klingt oft dermaßen selbstgefällig. Als würden sie sich nicht nur über die Youtuber*innen stellen, die sie kritisieren, sondern auch deren Fanbase. Es wirkt nicht wirklich, als würde es sie interessieren, dass die Naivität von jungen Menschen ausgenutzt wird. Aber wieso machen sie dann diese Videos? Naja, zum einen wegen des Geldes, aber auch, um ihrer eigenen Zielgruppe Selbstbestätigung in ihrer Intelligenz zu liefern. Es ist der gleiche Grund, weswegen Leute den Sender RTL schauen. Die Idee, dass es Leute unter ihnen gibt, die in diesem Fall dümmer als sie selbst sind, gibt ihnen ein gutes Gefühl. Denn viele bauen ihr Ego auf, indem sie andere herunterziehen.

Wenn man diesem Vergleich folgt, sind Leute die Assi-Youtuber*innen schauen, die Gleichen, die Serien auf RTL ernsthaft genießen. Während Leute, die Meinungsblogger*innen schauen, um ihr Ego zu pushen, die Art von Menschen sind, die RTL ironisch genießen. Aber es ist egal, ob man RTL ernst oder ironisch schaut: Man schaut immer noch RTL.

Die Creators des Kanals Ultralativ haben vor einigen Jahren ein interessantes Video dazu gemacht. Sie sind selbst Meinungsblogger und sahen einen Anstieg von Kommentaren, in denen sich Leute selbst dafür abgefeiert haben, dass sie Kritikvideos statt Pranks schauen und das als Beleg für ihre eigene Intelligenz sahen. Das Video ist sehr empfehlenswert, da es den Elitarismus auf YouTube sehr treffend beschreibt. Aber als ich es das erste Mal geschaut habe, fühlte ich mich tatsächlich ein wenig angegriffen, weil ich genau diese Person war: Ich liebte Meinungsblogger*innen, dachte sie klängen ach-so klug und hoffte, ich klänge genau so klug, wenn ich ihre Kritikpunkte wiederholte. Wo da der Mehrwert war, ist mir heute fremd.

Jedoch können solche Videos natürlich einen Mehrwert haben, aber dafür darf die Diskussion nicht enden, wenn es das Video tut. Man sollte aktiv über die Argumente nachdenken. Hört der Kritik von Meinungsblogger*innen kritisch zu. Kopiert nicht einfach ihre Meinung, weil sie richtig klingt. Youtuber*innen werden ganz oft dafür gelobt, wenn sie ihre Argumente mit Quellen unterstützen, aber wer schaut sich die wirklich an? Niemand. Und wer schaut nach Quellen für die Gegenseite? Erst recht niemand. Man vertraut einfach darauf, dass die Person, der man sowieso schon zustimmt, schon die Recherche für einen erledigt hat.

All diese Kritikpunkte bauen auf der Idee auf, dass die meisten Meinungsvideos nicht nur als Unterhaltung dienen sollten. Viele von ihnen enthalten ernste Anschuldigungen und obwohl ich es willkommen heiße, dass Youtuber*innen ernste Videos machen, müssen die Zuschauer*innen die Videos dann auch ernst nehmen. Doch sie schauen Kritikvideos wie der*die Durchschnittsdeutsche, Familien im Brennpunkt schaut. Nicht alle Meinungsvideos können als Unterhaltung konsumiert werden, demnach benötigen die Zuschauer*innen eine größere Palette, woran sie diese Situationen beurteilen.

Wenn Leute, sei es inner- und außerhalb der Szene, über diese Thematik reden, stellen sie es oft dar, als würde das blinde Vertrauen der Zuschauer*innen daher kommen, dass die Influencer*innen sie manipulieren. Jedoch stimme ich dieser Aussage nicht ganz zu. Zuschauer*innen sind blind, weil sie blind sein wollen und nicht, weil sie geblendet werden. Ob sie die Videos zur Bestätigung oder zur Unterhaltung schauen, ist irrelevant. Solange man die Videos als aktive Zuschauerin schaut, ist es auch egal, ob man Clickbait oder Meinungsmache schaut. Für ein besseres YouTube braucht es nicht nur bessere Youtuber*innen, sondern auch bessere Zuschauer*innen.

Autor:in

  • Deena

    Auf JUMA22 will ich unsere Leserinnen informieren, unterhalten und dazu animieren, meine Lieblingsfilme zu schauen.

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