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Fall or Fail: Die Kommerzialisierung des Herbsts

Anfang August öffnete ich lnstagram und sah einen ästhetischen Photo-dump in meinem Feed. Der Post bestand aus Bildern von jungen Frauen in warmer Kleidung, nebeligen Wäldern und frischem saisonalen Gebäck. Alles zusammengefasst unter der Caption “finally august”. Es war sehr hübsch inszeniert und versetzte mich in die Stimmung, den Herbst begrüßen zu wollen. Also öffnete ich mein Fenster. Doch es wehte mir eine warme Brise entgegen und ich sah, dass die Bäume immer noch komplett grün waren. Was hatte ich anderes erwartet? Schließlich waren es immer noch 30°C. An dem Punkt realisierte ich, dass die meisten Fotos wahrscheinlich von Pinterest geklaut wurden und wahrscheinlich nicht mal aus dem aktuellen Jahr waren. Da fiel mir noch etwas sehr Interessantes auf: Ich bemerkte, dass die Videos aus diesem Jahr immer im Haus aufgenommen wurden. Innerhalb eines geschlossenen Raumes kann man Dinge wie Licht viel leichter kontrollieren. Daher vermeiden es Influencer für solchen Content nach draußen zu gehen. Sie legen oft einen orangenen Filter drüber oder zünden Kerzen in herbstlichen Farben an, die der oder dem Betrachter*in suggerieren, der Herbst wäre angebrochen. Der beginnt offiziell jedoch, kalendarisch berechnet, erst am 23. September.

Verschiedene Instagram-Beiträge und Google-Bilder zum Thema Herbst

Wieso erwarten wir also schon Ende August ideales Herbstwetter? Weil Unternehmen und lnfluencer davon profitieren, die Zeit, in denen sie gewisse Produkte verkaufen können, auszudehnen. Falls du vor Oktober die lieblichen Farben des Herbstes genießen möchtest, spazierst du nicht in den Wald – du gehst in den nächsten H&M, um die neue Kollektion anzuschauen. Die Leute erkennen den Herbst nicht mehr an den bunt gefärbten Blättern, die von den Bäumen fallen, sondern an den Produkten aus den Regalen von IKEA & Co. Etwas Ähnliches passiert auch mit dem Winter. Weihnachtsstimmung ist schwer zu erkaufen, aber der Lebkuchen, der schon lange vor der Adventszeit in den Geschäften liegt, bringt uns ihr ein gutes Stück näher. Nur zur Vollständigkeit: Der Winter beginnt (nach meterologischer Rechnung) am ersten Dezember, nach kalendarischer Rechnung sogar erst am 22. Dezember. Lebkuchen kann aber bereits im September erworben werden. Das liegt vielleicht daran, dass wir immer weniger Schnee in Deutschland haben und sich die typisch kalte Winterzeit verkürzt. Menschen schwelgen in Erinnerungen an ihre Kindheit, eine besinnliche Zeit mit der Familie und vor allem weiße Weihnachten. Unternehmen spielen mit dieser Nostalgie und verleiten uns dann gerne dazu, diese Sehnsucht mit saisonalem Konsum zu füllen.

Google-Suchergebnisse zum Winterbeginn und Marketing

Von Sommer und Frühling kann allerdings nicht so leicht profitiert werden wie von Herbst und Winter. Die warmen Jahreszeiten verlieren durch die zunehmende Hitze nicht ihre Charakterzüge. Es gibt zum Beispiel immer noch genug Sommertage, um mit Freund*innen am See schwimmen zu gehen. Während den wärmeren Tagen gehen die Influencer ihre normale Routine durch. Während des Herbsts verändern sich jedoch nicht nur die Blätter, sondern auch die Beitragsdichte, um so viel Profit wie möglich aus der Zeit zu schlagen. Vielleicht gibt es auch lnfluencer, die es nicht abwarten können, ästhetische Collagen oder das Apfelkuchenrezept ihrer Oma online zu teilen, ohne dass der Profit im Vordergrund steht. Viel eher versuchen sie wahrscheinlich selbst nur das durch die Nostalgie entstandene Loch zu stopfen. 

Aber wie sollen wir sonst mit dem Verlust unserer Kindheit und der daraufhin entstehenden Nostalgie umgehen? Vielleicht müssen wir erst einmal verstehen, dass wir die Vergangenheit nicht wieder erleben werden. Statt uns auf Vergangenes zu fokussieren, können wir uns darauf konzentrieren, was jetzt gerade ist. Nicht jeden Herbst eine neue Garderobe erwerben, sondern die Kleider nach der Saison in unserem Keller verstauen. Diese packen wir dann erst aus, wenn der nächste Herbst wieder vor der Tür steht und freuen uns darauf, sie wieder tragen zu können. Wenn wir das jedes Jahr machen, erschaffen wir dadurch neue Traditionen. Ähnlich verhält es sich natürlich mit Dekoration. Ein bewusstes Konsumverhalten ist der erste Schritt, den wir gehen müssen, um unseren saisonalen Überkonsum einzuschränken. Persönlich lege ich euch auch ans Herz, die Feiertage mit euren Liebsten zu verbringen. Es mag kitschig klingen, aber wenn du jetzt die Leute um dich herum nicht wertschätzt, werden Zeiten kommen, an denen du es bereust. Schaffe mit ihnen neue Erinnerungen und Momente, die dich, wenn du alt bist, in Nostalgie versetzen.

 

Autor:in

  • Deena

    Auf JUMA22 will ich unsere Leserinnen informieren, unterhalten und dazu animieren, meine Lieblingsfilme zu schauen.

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